IM GESPRÄCH: ANDREAS STEYER: Consus will Schuldenquote senken

Der CEO des Immobilienentwicklers zu Finanzierung, Forward-Deals, Aktiennotierung und Mietendeckel

Der Immobilienentwickler Consus strebt eine Ausweitung der Vorabverkäufe auf bis zu 50 % des Projektvolumens an. Das soll dazu beitragen, Verschuldungsgrad und Finanzierungskosten zu senken. Nach dem geplanten Wechsel in den Prime Standard sei Consus ein Kandidat für den SDax, sagt CEO Andreas Steyer.

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Börsen-Zeitung, 11.7.2019

Nach dem starken Wachstum legt Consus Real Estate mehr Augenmerk auf den Abbau des Verschuldungsgrads. Durch eine Ausweitung der Vorabverkäufe von Wohnprojekten und höhere operative Erträge will der neu formierte Immobilienentwickler den Leverage senken. Auf mittlere Sicht sollen die Nettoschulden auf das Dreifache des bereinigten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen zurückgeführt werden. Im vergangenen Jahr lagen sie beim 8,3-Fachen. “Erst kommt die Investition, dann der Ertrag und schließlich der niedrigere Verschuldungsgrad”, sagt Vorstandschef Andreas Steyer im Gespräch der Börsen-Zeitung.

Mit der Übernahme der SSN-Gruppe Ende 2018 wuchs das Entwicklungsvolumen auf 9,6 Mrd. Euro. Es verteilt sich auf 64 Projekte mit 2,1 Millionen Quadratmeter Gesamtfläche, die laut Steyer bis zu 25 000 Wohneinheiten einschließen. Steyer kam Anfang 2018 als Chief Operating Officer zu Consus und stieg fünf Monate später zum CEO auf. Er richtete das Unternehmen, das nach seinen Angaben zuvor “keine klare strategische Fokussierung hatte”, zum Developer aus, verkaufte den Eigenbestand und die Beteiligung an der Gewerbeimmobilienfirma GxP und straffte die Konzernstrukturen.

“Das Feedback aus dem Kapitalmarkt war: Ihr seid zu komplex. Diesen Kritikpunkt haben wir beseitigt”, versichert der Consus-Chef, der vorher als CEO die auf Gewerbeimmobilien in mittelgroßen deutschen Städten spezialisierte Demire aufgebaut hat und unter anderem Geschäftsführer der Deka Immobilien Investment und Partner von Ernst & Young Real Estate war. Geschäftsschwerpunkte von Consus sind nun die Entwicklung von bezahlbaren Wohnquartieren und der standardisierte Geschosswohnungsbau in wirtschaftlich starken deutschen Großstädten.

Mehr Interesse an Neubauten

Die Mietendeckel-Diskussion – in Berlin will der rot-rot-grüne Senat Mieterhöhungen für fünf Jahre verbieten – schreckt Steyer nicht. Seine Begründung: Neubauten sind ausgenommen. Der CEO glaubt sogar, dass Investoren sich verstärkt für neue Wohnprojekte interessieren werden, weil die Altbestände unter das Moratorium fallen. Offen erscheint allerdings noch, wie in Berlin mit der Wiedervermietung von Neubauten umgegangen wird. Dies werde erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens beschlossen, teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen auf Anfrage mit.

Vorzeitige Tilgung möglich

Die Nettoverschuldung lag Ende März bei 2,2 Mrd. Euro. Die hohen Zinsaufwendungen führt Steyer nicht zuletzt auch auf das teure Mezzanine-Kapital zurück. Um die Finanzierung auf eine breitere Grundlage zu stellen, hat Consus im Mai einen 400-Mill.-Euro-Bond mit fünf Jahren Laufzeit platziert. Mit den Einnahmen sollen unter anderem die einzelnen Projektgesellschaften finanziert werden. Damit werde die Finanzierung ein Stück weit von der Projektebene auf die Obergesellschaft verlagert, erläutert Steyer.

Für die Anleihe sind im Vergleich zu anderen Unternehmensbonds ungewöhnlich hohe 9,625 % Zinsen fällig. Für Investoren sei das ein sehr attraktiver Kupon, sagt Steyer. Er wertet die Emission als Erfolg: “Die wichtige Botschaft ist: Unser Geschäft ist über den Kapitalmarkt refinanzierbar.” Consus befinde sich in der Ramp-up-Phase und müsse das Vertrauen der Investoren weiter ausbauen. Mit der Anleihe habe man den ersten Pflock eingeschlagen.

Infolge einer Call-Option kann das Unternehmen den Bond nach zwei Jahren vorzeitig zurückzahlen. Steyer erwartet, dass die nächste Anleihe zu günstigeren Konditionen emittiert werden kann: “Damit wird sich auch das Rating verbessern.” Derzeit stufen die Ratingagenturen S&P und Fitch das Unternehmen mit “B” ein, also im Junk-Bereich.

Die Finanzierungskosten gibt das Management mit durchschnittlich 8,1 % an. Dieser Satz soll mittelfristig um 200 Basispunkte sinken. Ein Hebel dafür ist die Ausweitung der Forward Sales. Deren Volumen liegt jetzt bei 2,7 Mrd. Euro, was 28 % des Entwicklungsportfolios entspricht. Die Gesellschaft will diesen Anteil auf bis zu 50 % erhöhen und dann kontinuierlich auf dem Niveau halten. Consus verkauft die Wohnprojekte vorzugsweise an institutionelle Investoren wie Pensionskassen, Versorgungswerke und Versicherungen.

Mit der Baugenehmigung würden in der Regel 30 % des Verkaufspreises fällig, sagt Steyer. “Diese Rate deckt die Anfangsinvestitionen und finanziert uns den Baubeginn.” Die folgenden Raten flössen entsprechend dem Baufortschritt. Consus übernehme auch die Vorvermietung der Immobilienprojekte, so dass der Investor ab dem ersten Tag Rendite erhalte. Falls eine höhere Vermietungsquote oder eine höhere Miete erreicht werde als im Vorverkaufsvertrag vereinbart, kassiert das Unternehmen nach seinen Angaben eine zusätzliche Vergütung.

Kandidat für SDax

Für die Consus-Aktie, die im vergleichsweise wenig regulierten Scale-Segment der Frankfurter Börse notiert, wird binnen zwölf Monaten ein Wechsel in den Prime Standard angestrebt. Nach den Andeutungen Steyers könnte es im Frühjahr 2020 so weit sein, weil dann vier Quartalsbilanzen des um SSN erweiterten Konzerns vorliegen. Mit einer Marktkapitalisierung von derzeit rund 950 Mill. Euro sei Consus ein Kandidat für den Small-Cap-Index SDax.

Das Verständnis für einen Projektentwickler sei am deutschen Kapitalmarkt allerdings noch immer unterentwickelt. Viele Investoren näherten sich der Aktie mit den Maßstäben für einen Bestandshalter. “Loan-to-Value und Funds from Operations sind aber keine Kriterien für uns”, betont der CEO. Daher liefen Gespräche mit der Uni St. Gallen, die ein Bewertungsmodell für Developer entwickelt.

Immobilienprojekte von Consus Real Estate